NPD, DVU und die Bre­mer Bür­ger­schafts­wah­len 2011

Seit eini­gen Mona­ten ist der Zusam­men­schluss der bei­den Nazi-Par­teien NPD (Natio­nal­de­mo­kra­ti­sche Par­tei Deutsch­lands) und DVU (Deut­sche Volks­union) sowie der ange­kün­digte Antritt der neuen Par­tei zur Bür­ger­schafts­wahl im Land Bre­men (am 22. Mai 2011) in aller Munde. Zudem hat die NPD ange­kün­digt, am 1. Mai in Bre­men einen bun­des­wei­ten Auf­marsch sowie einen „Sozi­al­kon­gress“ durch­füh­ren zu wollen.

Was aus den ange­kün­dig­ten Aktio­nen letzt­end­lich wird und wie groß der Wider­stand dage­gen aus­fällt, wird sich in den nächs­ten Wochen zei­gen. Im anti­fa­schis­ti­schen Bünd­nis „Kei­nen Meter!“ arbei­ten viele Per­so­nen und Grup­pen seit meh­re­ren Wochen an der Pla­nung von Gegenaktivitäten.

Wir haben im fol­gen­den Text einige Infor­ma­tio­nen und Hin­ter­gründe zusam­men­ge­tra­gen um sowohl die ange­strebte Fusion als auch die aktu­el­len Wahl-Akti­vi­tä­ten der Nazis etwas bes­ser ver­ste­hen und ein­ord­nen zu können. 

Die (fast)Fusion

Am 16.01.2011 fusio­nier­ten NPD und DVU offi­zi­ell mit­ein­an­der, seit­dem trägt die NPD den Zusatz „Die Volks­union“ im Namen. Der NPD-Bun­des­vor­sit­zende Udo Voigt ver­kün­dete groß­spu­rig, dass es nun eine starke neue Rechte gehe, die ihre Kräfte end­lich gebün­delt habe. Ähn­lich eupho­risch war der Tenor im Nazi-Wer­be­vi­deo „Es wächst zusam­men, was zusam­men gehört“: die Fusion wird hier über­mü­tig mit der Grün­dung des Deut­schen Rei­ches ver­gli­chen. Aber wie heißt es so schön: Zwei halbe Fla­schen sind noch lange kein vol­les Bier.

Wie kam es zu die­ser Verschmelzung?

Gegen­sei­tige Über­nah­me­be­stre­bun­gen zwi­schen NPD und DVU exis­tie­ren schon lange. Bereits 1987 kam es unter mas­si­vem Ein­satz von zwei hohen NPD-Funk­tio­nä­ren aus Bre­men (Karl Heinz Vor­satz und Hans Otto Wei­den­bach) zu einer gemein­sa­men Wahl­liste mit der DVU. Die soge­nannte „Liste D“ trat in Bre­men erst­mals zur Bür­ger­schafts­wahl im glei­chen Jahr an und zog, ver­tre­ten durch den Bre­mer­ha­ve­ner DVU-Nazi Hans Alter­mann, in das Lan­des­par­la­ment ein.

An den Wah­len 1991 nah­men sie wie­der gemein­sam teil, jetzt aller­dings unter dem Label der DVU. Mit­hilfe einer mil­lio­nen­schwe­ren Mate­ri­al­schlacht konn­ten sechs Nazis in die Bür­ger­schaft ein­zie­hen. Unter ihnen auch die NPD-Funk­tio­näre Wei­den­bach und Vor­satz (und nach des­sen Tod dann spä­ter Elfriede Budina). Auf­grund stän­di­ger Que­re­len und des gro­ßen Macht­an­spruchs des DVU-Bun­des­vor­sit­zen­den Ger­hard Frey zer­brach das Wahl­bünd­nis jedoch recht bald wie­der, die DVU blieb in den 80er Jah­ren die per­so­nal- und finanz­stär­kere der bei­den Nazi-Parteien.

In den 90ern ent­wi­ckelte sich dann die NPD unter ihrem Bun­des­vor­sit­zen­den Gün­ter Deckert zur stärks­ten Par­tei des rechts­extre­men Spek­trums. Dies gelang u.a. durch eine Öff­nung der Par­tei für Per­so­nen und Grup­pen der „Freien Kame­rad­schaf­ten“ sowie der Auf­nahme von Ex-Kadern meh­re­rer ver­bo­te­ner Nazi­or­ga­ni­sa­tio­nen wie z. B. der „Natio­na­lis­ti­schen Front“ (NF). In die­ser Zeit gelang der NPD auf­grund der neuen per­so­nel­len Stärke auch der Ein­zug in meh­rere Landesparlamente.

Beide Par­teien gin­gen in der Fol­ge­zeit ihre eige­nen poli­ti­schen Wege, bis sie im Jahr 2004 ein erneu­tes Wahl­bünd­nis ein­gin­gen. Ziel der Abma­chung unter dem groß­spu­ri­gen Titel „Deutsch­land­pakt“ war, bei anste­hen­den Wah­len nicht mehr in Kon­kur­renz zuein­an­der zu ste­hen und sich gegen­sei­tig Wäh­ler­stim­men weg­zu­neh­men, die Wah­len wur­den unter­ein­an­der auf­ge­teilt: wo die DVU antrat, ver­zich­tete die NPD, und umgekehrt.

2009 schei­terte auch die­ses Bünd­nis, die DVU hatte bun­des­weit kaum rele­vante Wahl­er­geb­nisse erzielt und ihr Ein­fluss war stark zurück­ge­gan­gen. Als im Januar 2009 Mat­thias Faust den Pos­ten des DVU-Bun­des­vor­sit­zen­den über­nahm und den alters­schwa­chen Ger­hard Frey ablöste, galt die DVU in vie­len Krei­sen bereits als „sin­ken­des Schiff“. Die Dis­kus­sion um einen Zusam­men­schluss mit der NPD wurde wie­der aktu­ell. Faust selbst pflegte beste Kon­takte zur NPD und hatte eine Über­nahme der DVU bereits ein­ge­fä­delt, als Gegen­leis­tung dürfte ein gut bezahl­ter Pos­ten in der NPD her­aus­ge­sprun­gen sein.

Ende 2010 deu­te­ten Voigt und Faust auf dem NPD-Bun­des­par­tei­tag eine Fusion ihrer bei­den Par­teien zur „NPD – die Volks­union“ an, als erste Ziele wur­den der Ein­zug in die Lan­des­par­la­mente Sach­sen-Anhalt und Bre­men genannt. Faust wurde auch bereits im Hin­blick auf die Ver­schmel­zung zum drit­ten Bun­des­vor­sit­zen­den der NPD gewählt, hatte die Rech­nung aber wohl ohne grö­ßere Teile der DVU-Basis gemacht. Diese sah in sei­nem Vor­pre­schen eine gehö­rige Pro­vo­ka­tion und „Ver­rat an der Sache“ und warf ihn aus der Par­tei. Man sei in die Fusi­ons­pläne nicht mit ein­ge­bun­den gewe­sen, viele DVU-Nazis lehn­ten eine der­ar­tige Zusam­men­ar­beit auch grund­sätz­lich ab, ein­zelne Mit­glie­der lei­te­ten sogar recht­li­che Schritte dage­gen ein.

Ende Dezem­ber 2010 wurde auf­grund der Fusi­ons-Pläne ein DVU-Son­der­par­tei­tag ein­be­ru­fen, unter den ca. 100 Nazis fan­den sich etli­che, die ver­däch­ti­ger­weise erst vor kur­zem in die DVU ein­ge­tre­ten waren. Letzt­end­lich stimm­ten ca. 95% der Anwe­sen­den für eine Fusion, viele Ur-DVU­ler ver­lie­ßen die Ver­an­stal­tung dage­gen genervt.

Seit Ende Januar 2011 ist die Fusion durch Gerichts­be­schlüsse auch auf recht­li­cher Ebene vor­erst gestoppt. Letzt­end­lich wird das am Nie­der­gang der DVU aber wohl nichts mehr ändern. Ein gro­ßer Teil von ehe­ma­li­gen DVU-Nazis wird sich aller­dings nicht der „neuen“ NPD anschlie­ßen, und einige wer­den sicher ver­su­chen ein neues Pro­jekt auf die Beine zu stel­len. Andere wie­derum wer­den sich von der poli­ti­schen Bühne zurück­zie­hen oder ande­ren Grup­pie­run­gen, wie z. B. den Repu­bli­ka­nern oder den „Freien Wäh­lern“ etc. anschließen.

Ob die DVU/NPD-Fusion die Nazi­szene am Ende ins­ge­samt eher stärkt oder schwächt, wird sich noch zeigen.

Die Zusam­men­ar­beit zwi­schen NPD und DVU in Bremen

In Bre­men gibt es schon lange Lan­des­ver­bände der DVU und der NPD, die seit den 80er Jah­ren immer mal wie­der zusam­men­ge­ar­bei­tet haben. 1987 und 1991 gelang mit gemein­sa­men Wahl­lis­ten und gebün­del­ten Kräf­ten noch der Ein­zug ins Par­la­ment, danach schei­ter­ten gemein­same Initia­ti­ven jedoch oft­mals ent­we­der an den Vor­ga­ben der Bun­des­or­ga­ni­sa­tio­nen oder an per­sön­li­chen und poli­ti­schen Dif­fe­ren­zen der ört­li­chen Führungsriegen.

An der Basis bei­der Grup­pie­run­gen ist jedoch schon seit län­ge­rem eine Annä­he­rung zu beob­ach­ten. Gemein­same Akti­vi­tä­ten haben zuge­nom­men, wer­den aber auch nicht bei allen gerne gese­hen. So wurde die geplante Unter­stüt­zung der DVU durch die Bre­mer NPD anläss­lich des Bre­mer Bür­ger­schafts­kampfs 2007 von Sei­ten der Bun­des-DVU unter­sagt, der DVU-Vor­sit­zende Frey strich meh­rere NPD­ler wie­der von der gemein­sa­men Kandidatenliste.

Der DVU gelang trotz­dem erneut der Ein­zug ins Lan­des­par­la­ment, ihr ein­zi­ger Abge­ord­ne­ter Sieg­fried Titt­mann trat aber kurze Zeit spä­ter aus der DVU aus und grün­dete seine neue Par­tei namens „Pro­test der Bürger“.

Wäh­rend Horst Gör­mann (NPD-Lan­des­vor­sit­zen­der aus Bre­mer­ha­ven) noch als Befür­wor­ter der Zusam­men­ar­beit mit der DVU gilt, lehnte die Bre­mer DVU-Füh­rungs­riege diese eher ab. So ver­wun­dert es wenig dass der bis­he­rige DVU-Lan­des­vor­sit­zende Rudolf Barg­mann und andere aktive DVU­ler nicht zur NPD über­ge­tre­ten sind, son­dern ihre alte Par­tei fort­füh­ren wol­len. Auch das ehe­ma­lige DVU-Bun­des­vor­stands­mit­glied Hans Otto Wei­den­bach aus Bre­men hat sich recht­zei­tig aus allen Ämtern verabschiedet.

Durch die Über­nahme der regio­na­len DVU durch die NPD sam­melt sich unter der Fahne der NPD aktu­ell trotz­dem so ziem­lich alles, was in der Bre­mer Nazi­par­tei­en­land­schaft noch so her­um­ve­ge­tiert. Auch der Kreis um Jörg Wrie­den (Bre­men-Nord) und die Fami­lie Yar­dim ist wie­der voll dabei. Noch 2006 wur­den diese aus der NPD gemobbt, wor­auf­hin ein Teil der Bre­mer NPD mit ihnen zur DVU wech­selte (Gabriele Yar­dim war mit einem Tür­ken ver­hei­ra­tet und ihre eben­falls aktive Toch­ter Louisa war der NPD nicht „rein­ras­sig“ genug). Auch der Bre­men-Nor­der Nazi Sascha Humpe, damals noch einer der lau­tes­ten Het­zer gegen die „Tür­ken-Yar­dims“, sitzt wie­der mit am gemein­sa­men Tisch. Humpe war außer­dem gern gese­he­ner (und gespro­che­ner) Gast bei der Bre­mer Poli­zei anläss­lich der Tat-Betei­li­gun­gen einer Anschlags­se­rie auf linke Ein­rich­tun­gen in Bre­men, einige „freie“ (hust) Kame­ra­den wun­dern sich bis heute über die damals schnel­len Ermitt­lungs­er­folge der Bre­mer Behörden.

Man kennt sich schon länger: Gabriele Yardim (Bildmitte) und Matthias Faust (rechts) auf dem Naziaufmarsch am 1. Mai 2008 in Hamburg

Man kennt sich schon län­ger: Gabriele Yar­dim (Bild­mitte) und Mat­thias Faust (rechts) auf dem Nazi­auf­marsch am 1. Mai 2008 in Hamburg

Eben­falls mit an der gro­ßen brau­nen Tafel sit­zen die ehe­ma­li­gen akti­ven DVU­ler Karlo Ron­stadt, Dirk Lampe, Karl-Heinz Wick­mann (alle aus Bre­men) und Jür­gen Nol­ler (Bre­mer­ha­ven). Diese hat­ten bereits in der Ver­gan­gen­heit die Zusam­men­ar­beit mit der NPD befür­wor­tet und sogar mit Über­trit­ten gedroht.

Die beiden ehem. DVUler Karlo Ronstadt (kandidiert für den Ortsbeirat Vahr) und Dirk Lampe (Kandidat Beirat Walle) auf NPD-Flyern

Die bei­den ehem. DVU­ler Karlo Ron­stadt (kan­di­diert für den Orts­bei­rat Vahr) und Dirk Lampe (Kan­di­dat Bei­rat Walle) auf NPD-Flyern

Doch nicht nur Per­so­nen, auch Gebäude wur­den über­nom­men: Das bis­he­rige DVU-„Abgeordnetenbüro“ im Vie­län­der Weg 230 in Bre­mer­ha­ven ist nun in den Hän­den der NPD und wurde am 9. Januar als „Bür­ger­büro“ unter Anwe­sen­heit von ca. 40 Nazis inklu­sive NPD-Bun­des­vor­sit­zen­dem Voigt wie­der­eröff­net. Am 23. Januar fand hier auch ein klei­ner Par­tei­tag mit ca. 25 Nazis statt.

Die NPD in Bre­men und Bre­mer­ha­ven heute

Obwohl ein nicht gerin­ger Teil der regio­na­len DVU einem Zusam­men­schluss nach wie vor ableh­nend gegen­über steht, hat sich die eher schwa­che per­so­nelle und struk­tu­relle Situa­tion der NPD durch den Über­tritt von DVU­lern ver­bes­sert. Den größ­ten Teil des Kerns der Bre­mer NPD stel­len Nazis, die sich seit den 80ern ken­nen und z.T. bereits in ver­schie­dens­ten Orga­ni­sa­tio­nen und Krei­sen zusam­men­ge­ar­bei­tet haben. Hier­bei sind vor allem Mit­glie­der der 1992 ver­bo­te­nen „Natio­na­lis­ti­schen Front“ (NF) zu nen­nen: Der aktu­elle NPD-Kreis­vor­sit­zende Thors­ten Schib­block war bis zum Ver­bot Bre­mer NF-„Ortsgruppenführer“ und ein rang­ho­hes Mit­glied ihres Bun­des­vor­stan­des. Eben­falls im NF-Bun­des­vor­stand ver­tre­ten war Hans-Joa­chim Varn­horn, der bereits seit Jah­ren in der Bre­mer NPD aktiv ist. Wei­tere aktu­elle Bre­mer NPD­ler wie Mar­kus Pri­venau oder Hen­rik Osten­dorf waren damals schon Mit­glie­der der hie­si­gen NF-Gruppe. Jörg Wrie­den war bereits Lan­des­vor­sit­zen­der der 1992 „Deut­schen Alter­na­tive“, mit sei­nem (poli­ti­schen?) Zieh­sohn Sascha Humpe ist er jetzt gemein­sam für die NPD in Bre­men-Nord aktiv. Auch die bereits erwähnte Fami­lie Yar­dim (Mut­ter Gabriela sowie Toch­ter Louisa mit ihrem Freund Ben­ja­min B.) ist wie­der mit im Geschäft.

Der ehe­ma­lige DVU-Kreis­vor­sit­zende Karlo Ron­stadt wurde mitt­ler­weile stell­ver­tre­ten­der NPD-Lan­des­vor­sit­zen­der, die ehe­ma­li­gen Mit­glie­der des Bre­mer DVU-Lan­des­vor­stan­des Elfriede Budina, Karl-Heinz Wick­mann und Dirk Lampe aus dem Stadt­teil­bei­rat Walle sind wei­tere Bro­cken im neuen rech­ten Ein­heits-Topf. Auf Sei­ten der jün­ge­ren Nazi-Gene­ra­tion, die in NPD-Struk­tu­ren ein­ge­bun­den wer­den soll, fun­giert Gerold Schib­block (Sohn von Thors­ten Sch.) als Ansprech­part­ner und Organisator.

Gleich klatscht's, aber keinen Beifall! (Sohn Gerold und Vater Thorsten Schibblock)

Gleich klatscht’s, aber kei­nen Bei­fall! (Sohn Gerold und Vater Thors­ten Schibblock)

Walter Lesch (Landesschatzmeister aus Bremerhaven)

Wal­ter Lesch (Lan­des­schatz­meis­ter aus Bremerhaven)

Der Bre­mer­ha­ve­ner NPD-Kreis­ver­band besteht vor allem aus den bis­he­ri­gen 5–10 Nazis und wird nun durch Teile des ehe­ma­li­gen DVU-Kreis­ver­bands ver­stärkt. Der lang­jäh­rige Lan­des­vor­sit­zende Horst Gör­mann und das neue Mit­glied des Lan­des­vor­stands Wal­ter Lesch kom­men beide aus Bre­mer­ha­ven. Wei­tere aktive NPD­ler sind die Nazis­kins Syl­vio Wolf, Mirco Ohmann und Michael Schä­fer. Das ehe­ma­lige DVU-Mit­glied Peter Bal­nat war bereits vor 2 Jah­ren zur NPD über­ge­tre­ten, andere aktu­elle NPD­ler mit DVU-Geschichte sind Hein­rich Mül­ler, Ursula Fabisch und Jür­gen Noller.

Zur Unter­stüt­zung der Bre­mer NPD im Wahl­kampf wur­den meh­rere Nazis aus ande­ren Bun­des­län­dern rangekarrt:

„Lan­des­wahl­kampf­lei­ter“ und Spit­zen­kan­di­dat für Bre­mer­ha­ven ist Jens Pühse aus dem säch­si­schen Ort Riesa. Pühse ist in Bre­men kein Unbe­kann­ter: Bereits Ende der 80er Jahre schloss er sich regio­na­len JN-Struk­tu­ren an und wech­selte bald dar­auf zur Bre­mer Orts­gruppe der NF (s.o.). Nach sei­nem Weg­zug nach Bay­ern grün­dete er den Ver­sand „Püh­ses Liste“, der Rechts­rock und Nazi­mer­chan­dise ver­trieb, und 1998 im „Deut­sche Stimme-Ver­lag“ der NPD auf­ging. Pühse gehört in der Funk­tion „Bun­des­or­ga­ni­sa­ti­ons­lei­ter“ aktu­ell dem Par­tei­prä­si­dium der NPD an.

Jens Pühse vor...

Jens Pühse vor...

... und nach der Fusion

... und nach der Fusion

Der Spit­zen­kan­di­dat für die Stadt Bre­men, Mat­thias Faust, kommt dage­gen aus Ham­burg und hat eine sehr wech­sel­hafte poli­ti­sche Lauf­bahn hin­ter sich. Sie begann bei der CDU bis er 2006 zunächst zu den Repu­bli­ka­nern wech­selte und dort „Lan­des­be­auf­trag­ter“ für Ham­burg wurde. Ende 2006 wurde er dann NPD-Mit­glied, trat aber nach Que­re­len mit regio­na­len Ober­na­zis wie Jür­gen Rie­ger schließ­lich der DVU bei. Anfang 2009 ließ er sich zum DVU-Bun­des­vor­sit­zen­den wäh­len und fädelte in der Fol­ge­zeit, als Ger­hard Frey von der DVU-Bild­flä­che ver­schwun­den und Rie­ger unter der Erde war, die Über­nahme der DVU durch die NPD ein.

Nicht imstande Bremer Stadtteile korrekt zu schreiben, aber in die Bürgerschaft wollen... (Ausschnitt von Fausts Facebook-Page)

Nicht imstande Bre­mer Stadt­teile kor­rekt zu schrei­ben, aber in die Bür­ger­schaft wol­len... (Aus­schnitt von Fausts Facebook-Page)

Bemer­kens­wert für den Bre­mer Wahl­kampf ist also abschlie­ßend die Tat­sa­che, dass beide Spit­zen­kan­di­da­ten keine Bre­mer sind und sich nur aus tak­ti­schen Grün­den im Bun­des­land anmel­den wer­den. Im Umkehr­schluss bedeu­tet dies auch, dass die Bre­mer NPD in ihren eige­nen Rei­hen keine geeig­ne­ten Kan­di­da­tIn­nen fin­det, denen sie ein Bür­ger­schafts­man­dat zutraut.

Nicht zuletzt geht es aber sicher­lich auch darum, zu ver­su­chen, zwei bun­des­weite Spit­zen­funk­tio­näre mit gut bezahl­ten Pos­ten zu ver­se­hen. Mit regio­na­ler Sach­kennt­nis wer­den Pühse und Faust wohl kaum glän­zen können!

Bre­mer NPD-Wahl­kampf und der 1. Mai

Es gibt meh­rere Fak­to­ren, wel­che die Wahl in Bre­men für Nazis beson­ders attrak­tiv erschei­nen las­sen. Auf­grund der Beson­der­hei­ten des 2‑Städte-Staa­tes Bre­men fin­det sich im Bre­mer Wahl­ge­setz eine Son­der­re­ge­lung: Um den Ein­zug in das Lan­des­par­la­ment (die Bür­ger­schaft) zu errei­chen, reicht es, in einem der bei­den Wahl­be­rei­che (Bre­men und Bre­mer­ha­ven) über 5% der abge­ge­be­nen Stim­men zu bekom­men. In Bre­mer­ha­ven rech­net sich die NPD gute Chan­cen aus, zum einen weil es hier schon der DVU in den letz­ten Jah­ren immer wie­der gelang, über 5% zu erzie­len, wäh­rend sie im Lan­des­durch­schnitt deut­lich dar­un­ter lag. Zum ande­ren gilt das rechtsoffene/rechte Wäh­ler­po­ten­tial auf­grund der schwa­chen wirt­schaft­li­chen Lage als erheb­lich grö­ßer als in Bre­men-Stadt. Des wei­te­ren scheint es für die NPD erfolg­ver­spre­chen­der, ihre ver­gleichs­weise schwa­chen Kräfte in einem klei­nen Stadt­staat wie Bre­men zu kon­zen­trie­ren als in einem gro­ßen Bun­des­land mit meh­re­ren Städ­ten und einer weit­räu­mi­gen länd­li­chen Fläche.

Ein geplan­ter bun­des­wei­ter Auf­marsch am 1. Mai sowie ein „Sozi­al­kon­gress“ mit bun­des­wei­ter „Nazi­pro­mi­nenz“ sol­len die High­lights des Wahl­kamp­fes wer­den, Mitte Mai ist noch eine Wahl­kampf-Abschluss­ver­an­stal­tung in Bre­mer­ha­ven geplant.

Selbstdarsteller Patrick Wieschke

Selbst­dar­stel­ler Patrick Wieschke

Dazu wird es Haus­wurf­sen­dun­gen, mas­sen­haft auf­ge­hängte Pla­kate, Info­stände usw. geben, zu denen auch aus­wär­tige Unter­stüt­zung zu erwar­ten ist. Bereits im März ver­teil­ten NPD­ler aus Ost­fries­land und Olden­burg unter der Füh­rung des ehem. Schwa­ne­we­der Nazis Nils Budig im Bre­mer Wes­ten Flug­blät­ter. Der Eisen­acher NPD-Kader Patrick Wieschke ver­suchte sich dage­gen im Sam­meln von Unter­stüt­zungs­un­ter­schrif­ten in Bre­men und Bre­mer­ha­ven und bepö­belte am Rande eines NPD-Stan­des in Bre­men-Fin­dorff vor­bei­lau­fende Pas­san­ten. Finan­zi­ell mög­lich wird all dies nicht zuletzt durch die groß­zü­gige Unter­stüt­zung der baye­ri­schen NPD, die dem tra­di­tio­nell klam­men Bre­mer Lan­des­ver­band 50.000 Euro Unter­stüt­zung in Form eines Dar­le­hens bereitstellten.

Ein klei­nes Fazit

Auch wenn nüch­tern betrach­tet nicht davon aus­zu­ge­hen ist, dass die NPD die Wahl­er­folge der DVU wie­der­ho­len kann, wird es im Wahl­kampf natür­lich trotz­dem zu einer mas­si­ven Ver­brei­tung von Nazi­pro­pa­ganda kommen.

Für die NPD stellt die Teil­nahme an demo­kra­ti­schen Wah­len (inner­halb eines Sys­tems das sie sel­ber ableh­nen) dabei die Mög­lich­keit dar, ihre Inhalte zu ver­brei­ten. Sie erhof­fen sich eine Eta­blie­rung ihrer Ideo­lo­gie in der Öffent­lich­keit und ver­su­chen die Gele­gen­heit zur Mobi­li­sie­rung alter und neuer Akti­vis­ten sowie zum Aus­bau ihrer Struk­tu­ren zu nut­zen. Ihre „par­la­men­ta­ri­sche“ Arbeit wie aktu­ell im Bun­des­land Bre­men ist dabei nur ein Stand­bein einer viel­schich­ti­gen Nazi­be­we­gung, die lang­fris­tig an der Wie­der­errich­tung eines neuen Nazi-Deutsch­land arbei­tet und dabei mal offen, legal und „bür­ger­nah“, mal gewalt­tä­tig und mör­de­risch vor­geht. Nach dem ver­pass­ten Ein­zug in das Lan­des­par­la­ment von Sach­sen-Anhalt wird die NPD jetzt noch mehr auf einen Wahl­er­folg in Bre­men ange­wie­sen sein.

Sor­gen wir dafür dass sie kein Bein auf den Boden und kei­nen Fuß in die Tür bekommen!

Bremen-Vahr, April 2008: Antifas und GewerkschafterInnen umstellen Nazistand, NPD (vorne links Jörg Wrieden) kann einpacken

Bre­men-Vahr, April 2008: Anti­fas und Gewerk­schaf­te­rIn­nen umstel­len Nazi­stand, NPD (vorne links Jörg Wrie­den) kann einpacken

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